Keine Kinderschokolade mehr für mich

Keine Kinderschokolade mehr für mich

Ihr Lieben,

viele von euch wissen es: Kinderschokolade war lange mein Markenzeichen. Auf den Buchmessen und sonstigen Veranstaltungen hatte immer jemand von euch was Schokoladiges für mich dabei.

Vor ein paar Wochen hörte ich allerdings auf, öffentlich von Kinderschokolade zu sprechen oder die Produkte des Ferrero-Konzerns in die Kamera zu halten. Nicht, dass euch das aufgefallen wäre. Ihr habt mich fleißig weiter im Zusammenhang mit Kinderschokolade erwähnt, verlinkt und angesprochen. 😀

Aber wieso mache ich da jetzt einen Rückzieher?

Es begann nach der Leipziger Buchmesse
Ein paar Tage nach der Leipziger Buchmesse erhielt ich einen Anruf von einer befreundeten Autorin. Sie war auf der Messe von einer Buchbloggerin angesprochen worden, die behauptete, dass Kinderschokolade mit Hilfe von Kinderarbeit hergestellt würde.

„Vielleicht möchtest du als Kinderbuchautorin nicht gerade solche Produkte in die Kamera halten“, hat meine Freundin gesagt.

Das war natürlich nicht das, was ich hören wollte. Zuerst ging ich kopfmäßig in die Abwehrhaltung. Darf ich überhaupt noch irgendwas machen, essen oder sagen, ohne dass jemand seinen Senf dazu gibt? Ich war total frustriert.

Gleichzeitig finde ich aber auch, dass Autorinnen und Autoren Verantwortung tragen. Also muss auch ich mal zwischendurch den Aggregatszustand einer Erwachsenen annehmen und mich mit gewissen Dingen auseinandersetzen.

Foto: Annika Bühnemann

Recherche
Nun wollte ich erst einmal selbst recherchieren, was an der Sache dran sein könnte.

Tatsächlich findet man im Internet ein paar Artikel zum Thema. Der erste, den ich fand, war ein Spiegel-Artikel, der sich auf eine Aussage der Zeitung „The Sun“ bezog. Die halte ich für das britische Äquivalent zur BILD. Weder ich noch der Spiegel haben viel auf diese Aussage gegeben. Falls ihr das genauer wissen wollt, lest gerne den Artikel. (aufgerufen am 14.05.2019)

Eine liebe Kollegin gab mir dann noch den Tipp, mal bei Ferrero selbst auf die Website zu schauen. Dort findet man unter anderem Infos darüber, dass Ferrero Mitglied in mehreren Foren „zum nachhaltigen Anbau von Kakao“ ist, „darunter auch der International Cacao Initiative (ICI), die sich seit Jahren gegen Kinderarbeit und für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Kakaobauern engagiert.“ Okay, die Presseabteilung bei Ferrero macht ihren Job.
Quelle: https://www.ferrero.de/menschen-und-ferrero (aufgerufen am 14.05.2019)

Schließlich bin ich auf einen Artikel von Amnesty International (aufgerufen am 14.05.2019) gestoßen. Demnach ist es offenbar einfach so – und ich weiß, wie doof der Satz klingt – dass der komplette Schokoladenmarkt nun mal scheiße ist. Solange die Kakaobauern nicht genug verdienen, um erwachsene Arbeiter zu beschäftigen, wird es sicher bei Kinderarbeit bleiben.

Verstehe ich das richtig? Es gibt genug für alle. Aber wie immer entscheidet das Geld darüber, wer im Übermaß konsumieren und wer sich dafür schon in jungen Jahren den Buckel kaputt schuften darf? Einige von euch werden jetzt sicher lachen, weil euch das schon längst klar war.

Was habe ich nach meiner Recherche gemacht?
Zuerst habe ich zu einer äußerst bequemen Methode gegriffen: Ich habe beschlossen, keine Schokolade mehr in die Kamera zu halten oder zu erwähnen – also nicht nur Kinderschokolade, sondern grundsätzlich.

Ganz bestimmt würde mein Hang zu KiScho in Vergessenheit geraten. Dachte ich. Da hatte ich die Rechnung aber ohne euch gemacht. 😀

Auf dem PAN Branchentreffen zum Beispiel haben mich – wie viele? Drei? – Personen auf Kinderschokolade angesprochen. Meine Freundin Kathy hat jedes Mal gegrinst. Sie wusste von meiner Schoko-Entscheidung und hat sich köstlich amüsiert, wenn wieder jemand sowas gesagt hat wie: „Och, Zippi – ich habe gar keine Kinderschokolade für dich dabei!“
„Ja ja“, hat sie dann gesagt. „Das hört GANZ BESTIMMT von alleine auf.“ (An dieser Stelle dürft ihr euch gerne vorstellen, wie Kathy ein Sarkasmus-Schild hochhält.)

Na toll … ich würde also nicht darum herum kommen, meine Entscheidung öffentlich zu machen.

Und jetzt?
Tja. Mir brummt der Schädel. So richtig weiß ich immer noch nicht, was ich denken soll. Aber ich halte es für sicherer, bei meiner Entscheidung zu bleiben: Ich halte keine Schokolade mehr in die Kamera – egal von welcher Marke – oder schwärme davon. Ich wäre euch daher auch sehr dankbar, wenn ihr mich ab sofort nicht mehr bei entsprechenden Posts oder Tweets verlinkt.

Und eure schokoladigen Mitbringsel? Die … schluchz … ja … schnief … die auch. Ich werde sie vermissen, aber die lassen wir besser auch.

Ich reiße keiner Person den Kopf ab, die mich in nächster Zeit noch mit schokoladigem Hintergrund erwähnt. Mir ist klar, dass es erst mal eine Weile dauern wird, bis meine Entscheidung euch alle erreicht hat. Ich muss es halt immer wieder kommunizieren.

Was ich nicht machen werde: Jeden Post, jeden Tweet und jedes Bild löschen, auf dem ich mit Kinderschokolade zu sehen bin. Das ist ja Quatsch. Ihr wisst alle, dass das mein Markenzeichen war und ich bin sogar auf dem Cover einer Zeitschrift mit einer Kinderriegel-Kette zu sehen. Mit wundervollen Fotos, die die liebe Annika Bühnemann von mir geschossen hat (auch den Fotos werde ich nachweinen).

Dieser Beitrag soll euch übrigens ausschließlich meine Entscheidung mitteilen. Was ihr konsumiert, bleibt euch überlassen. Ich veranstalte keine Hexenjagd und rufe auch nicht zum Boykott von Produkten auf. Jede und jeder muss selbst für sich entscheiden, welche Produkte man konsumieren und welche Unternehmen man damit unterstützen möchte. Ich bin auch davon überzeugt, dass man nicht immer gleich einen Shitstorm anzetteln muss, um auf Missstände hinzuweisen.

Was mich betrifft: Ab sofort werde ich versuchen das zu tun, was eine Autorin so tut: Euch mit meinen Texten überzeugen. Und das muss man ja auch erst mal können.

Liebe Grüße
eure Zippi

10 Kommentare

  1. Danke für diesen Beitrag. Viele Menschen, ich eingeschlossen, hinterfragen viel zu selten die Herkunft und Herstellungsbedingungen unserer täglichen Produkte. Oft entscheidet für uns der Preis oder das Image. Danke für deinen Denkanstoß.

  2. Alles klar, liebe Zippi! Deshalb sahst du so dünn aus! .-)))

  3. Ich finde deine Einstellung gut.

  4. Liebe Zippi,

    das ist ein sehr interessanter Artikel, den du da geschrieben hast. Mir geht es ähnlich, dass ich jahrelang etwas naiv bestimmten Marken gegenüberstand. Im Grunde ist es so, dass alle großen Firmen doch sehr unethisch zu sein scheinen. Bei jeder großen Firma findet man viele kritische Berichte – offensichtlich zurecht. Daher, denke ich, ist es eine gute Idee, nicht irgendwelche Firma öffentlich zu unterstützen. Produkte von einer Firma kaufen und diese öffentlich zu bewerben sind ja zweierlei Dinge. Aber noch ein Tipp, da du ja doch ein Mensch zu sein scheinst, dem Ethik nicht ganz egal ist. Viel problematischer, finde ich, ist vor allem die Milch in einem Produkt wie Kinderschokolade. Wenn du einmal einen Bericht darüber gesehen hast, wie Kühe gehalten werden müssen (z.B. stets schwanger, die Kälber entreißt man ihnen direkt nach der Geburt, usw.), hast du bestimmt ohnehin erst einmal keinen Hunger mehr auf so etwas. Eine gute Empfehlung ist hier “Hope for all” (aber Vorsicht: das ist nichts für schwache Nerven). Jetzt kann man natürlich sagen: Ich kann da eh nichts dran ändern, das ist mir zu brutal, das will ich mir nicht ansehen – alles das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Tiere LEIDEN. Jetzt gerade im Moment.
    LG
    Andreas

  5. Liebe Zippi,

    ich bin auf diesen Artikel des WDR gestoßen. Im letzten Absatz steht, welche Siegel zu empfehlen sind, wenn man Schokolade ohne Kinderarbeit kaufen will.
    LG
    Ina

  6. Gute Entscheidung!
    Du jetzt brauchst du ein neues Markenzeichen.
    Schon eine Idee?
    Viele liebe Grüße
    Silvia

    • Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich habe mich ja auch bei der Schokolade nicht hingesetzt und überlegt, was mein Markenzeichen werden könnte. Ich habe einfach nur gezeigt, was ich mag und das hat sich so entwickelt. Vielleicht entwickelt sich eine neue Sache, wenn nicht – auch nicht schlimm. 🙂

  7. Liebe Jasmin,

    wenn Du köstliche Schokolade mit gutem Gewissen genießen willst: https://perupuro.de
    Dr. Frauke Fischer, die Mitgründerin, ist Biologin und eine Freundin meiner Schwägerin.

    Hier gibt’s einen Blogbeitrag über die wirklich faire Schokolade: https://blog.goodtravel.de/2019/01/30/peru-puro-die-faire-gourmet-schokolade/

    Nachfolgend ein paar Infos von der PERÚ PURO-Seite:

    “Normaler Kakao hat einen bitteren Nachgeschmack:
    Ausbeutung der Kleinbauern
    Kinderarbeit
    Keine langfristige Zukunftsperspektiven
    Regenwaldzerstörung
    soziale und ökologische Katastrophen
    Wir machen alles anders!

    Unser Hunger nach Kakao hat weitreichende soziale und ökologische Konsequenzen in den Produzentenländern. Die Erweiterung der Anbauflächen durch Brandrodung vernichtet Regenwälder, niedrige und schwankende Weltmarktpreise verhindern jegliche Zukunftsperspektiven für die Kleinbauern. Wir wollten das nicht mehr mitansehen und haben eine Alternative geschaffen: PERÚ PURO bietet Bio-Edelkakao, ökologisch angebaut und direkt, fair und ohne Zwischenhändler von “unseren Bauern” nach Europa gebracht.”

    “Leckeren Kakao kaufen und genießen; dadurch einen Beitrag leisten, den Regenwald zu schützen und Kleinbauern zu helfen, sich eine bessere Zukunft zu erarbeiten. Es war noch nie so LECKER, GUTES zu tun!”

    “Arno und Frauke lernten sich an der Uni Würzburg kennen. Weil beide nicht nur reden, sondern etwas tun wollten, beschlossen sie durch die Gründung der PERÚ PURO GmbH den Kakaobauern einen direkten Zugang zum Europäischen Markt zu ermöglichen.”

    Liebe Grüße

    Kerstin

    P.S.: Herzlichen Glückwunsch zum ersten Buch! 🙂

  8. Hallo Jasmin,
    schön dass Du mit deinem Artikel auf dieses Problem zeigst.
    Und das Überdenken und Verändern unseres Kosumtionsverhalten wird immer wichtiger.

    Gruß Gerald
    (der andere Zippi)

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