Sonntag, 26. März 2017
Hallo, ihr Lieben!
Tja, es ist der letzte Messetag. Schweren Herzens packe ich meinen Koffer – und merke dabei, wie dämlich ich bin. Ich nehme mir zu jeder verdammten Messe was zu lesen mit. Für den Fall, dass ich Zeit überbrücken muss. Beknackt. Erstens bleibt keine Zeit, um etwas zu überbrücken und zweitens bekomme ich auf jeder Messe neue Bücher. Na toll … Und jetzt muss ich entweder zusehen, dass ich die schweren Bücher in den Koffer gequetscht bekomme oder ich stecke sie in meine Tasche und hebe mir einen Bruch.
Das ist der Moment, in dem ich Timothy Sonderhüskens Stimme in meinem Ohr höre: „Mit dotbooks wär’ das nicht passiert …“
Irgendwie schaffe ich es, den Koffer zu schließen. Das Ding ziehe ich aber jetzt nicht bis zur Messe hinter mir her. Da rufe ich mir lieber Hilfe von meinem treuen Löwen-Taxi (Danke für alles!) und lasse mich chauffieren.
An der Messe angekommen, wünschte ich mir, ich hätte tatsächlich das Pfefferspray dabei, nach dem mich die Security fragt. Um mich genau gegen diese Sicherheitsmenschen zu wehren. *schnaub* Ich muss tatsächlich MEINEN KOFFER vor aller Augen öffnen, damit die nachschauen können, dass ich nichts Gefährliches dabei habe.
Ich versuche, unauffällig an meinem Gepäck zu rütteln. Vielleicht rutschen die Kabelbinder und die neunschwänzige Peitsche dann unter meine M16.
Uuuuuaaaaah … Es ist mega peinlich, dass die Security echt meine Wäsche durchguckt. Ich bin froh, dass ich heute so früh da bin und hinter mir keine Leute stehen, die mit in den Koffer glotzen. Liebe Messe, ich verstehe, dass diese Prozedur meiner eigenen Sicherheit dient. Aber gibt es nicht vielleicht eine weniger peinliche Möglichkeit? Ich würde mich darüber sehr freuen.
Auf dem Weg zum Uschtrin-Stand winke ich Chris Milkus in Halle 5 zu, der schon wieder (oder immer noch?) am Neobooks-Stand fleißig ist. Ich muss ihn gleich mal fragen, ob er auch mal schläft.
Den Koffer stelle ich im Kabuff unseres Standes unter, damit ihm weitere entblößende Erlebnisse erspart bleiben, dann mache ich ein bisschen Standdienst.
Auf einmal stehen drei Teenager-Mädchen vor mir. Die in der Mitte schaut sich interessiert die Federwelt und den Selfpublisher an.
Ich: „Du darfst dir gerne eine Zeitschrift mitnehmen, wenn du magst.“
Sie: „Welche muss ich denn nehmen, wenn ich wissen möchte, wie das mit dem Schreiben geht?“
Oh Gott, ist das süß! Mir schießt die Milch ein.
Ich erkläre ihr, dass sie nicht alles übers Schreiben in einer Ausgabe finden kann und erzähle ihr ein wenig über Figurenentwicklung und Erzählperspektiven. Dann empfehle ich ihr die beiden „Heute schon geschrieben?“-Ratgeber von Diana Hillebrand. Die kann man sich ja wunderbar zum Geburtstag wünschen.
Ich: „Es tut mir leid, dass ich dich jetzt so zugetextet habe.“
Sie: „Das ist okay, danke.“
Weil sie tatsächlich am Schreiben interessiert zu sein scheint, gebe ich ihr noch meine E-Mail-Adresse, falls sie Fragen hat. Dieses Mädchen wird vielleicht die Bücher schreiben, die wir in den kommenden Jahren lesen.
Um 11:30 Uhr nehme ich pünktlich in der LVZ-Autorenarena Platz. Ich habe das neue Buch von Bernd Stelter dabei und muss es für meine Eltern signieren lassen. Herr Stelter ist ja eher lustig unterwegs, daher gestaltet sich die Lesung recht kurzweilig. Während ich für das Autogramm anstehe, fragen mich mehrere Leute, wo ich das Buch gekauft habe.
Wahrheitsgemäß antworte ich: „In der Messebuchhandlung“.
„Wo ist die denn?“
Eine Frau schicke ich in Halle 2, einen Mann in Halle 3. Muahahahahaaaaa … Leute, die beiden seht ihr nie wieder! Warum fragen die auch ausgerechnet MICH nach dem Weg? Selbst Schuld.
Erst einmal gehe ich etwas essen und um 13:00 Uhr stehe ich am Neobooks-Stand, denn dort hält Chris einen Vortrag über Storytelling. Das Schöne ist, dass er da nicht einfach nur steht und redet. Er hat noch eine Präsentation zur Veranschaulichung parat. So lernen wir anhand des Trojanischen Krieges, Harry Potter und Star Wars etwas über Spannungsbogen & Co. Ich twittere natürlich fleißig.
Wenn ich mich jetzt mal so umschaue … Hier sind fast nur Frauen im Publikum. Und alle starren ganz gebannt zu Chris. Gleich fliegt bestimmt der erste Schlüppa. Na jaaaa … Kann man ja niemandem verübeln. Es ist schon ein gewisser Oh-mein-Gott-Richard-Madden-ist-hier-Vibe spürbar. 🙂
Nach dem Richard Ma- ääääh … Chris mit seinem Vortrag fertig ist, kann ich leider nicht mit ihm reden, weil er natürlich gleich belagert wird. So ist das mit den ReferentInnen. Die müssen nach ihren Vorträgen weitere Fragen beantworten.
Na gut, dann marschiere ich wieder zurück zum Uschtrin-Stand. Ist ja derselbe Gang. Ich bin noch nicht lange dort, da ertönen Rufe in der Halle 5. Es gibt offenbar eine Demo gegen die Zeitschrift Compact, die ihren Stand auch auf der Buchmesse aufgebaut haben. Das würde ich mir schon gerne ansehen.
(Falls ihr euch fragt, was das für ein Stand ist, lest gerne den Artikel auf Zeit online)
Auf dem Weg dorthin sammle ich Chris bei Neobooks ein. Er begleitet mich zur Demo. Aber keine Sorge – ihm passiert nichts, ich passe auf ihn auf. 😉
Aus sicherer Entfernung sehen wir, wie jemand mit einem T-Shirt von der Linken die Menge beim Skandieren anführt. Wir verstehen nicht wirklich, was die da von sich geben. Ich glaube, es war so was wie „Wir wollen keine Nazi-Propaganda“.
Ich: „Kinderriegel?“ Ich halte ihm die Packung hin.
Chris: „Kannst du Gedanken lesen?“
Mit Kinderschokolade lässt sich alles leichter ertragen. Aber Verständnis dafür, dass solche Menschen zur Messe zugelassen werden, während heute Morgen noch mein Koffer durchsucht wurde, damit ich keine Gefahr für andere sein kann … Die Puzzleteile wollen nicht passen.
Wir bleiben aber nur ein paar Minuten da, denn Chris ist ja im Dienst. Am Neobooks-Stand treffen wir die Autorin Violet Truelove, die gerade über die halbe Messe gehetzt ist, um pünktlich zu einem Termin zu kommen. Wir schicken sie schon mal zu ihrem Zielstand bei Tolino media. Chris sucht den Korb mit Violets Goodiebags heraus und reicht ihn mir rüber. Den Korb trage ich Violet zu Tolino hinterher.
Violet: „Möchtest du eine Blowjob-Bunny-Karte haben?“
Ich: „Entschuldige bitte, ich habe gerade ‘Blowjob-Bunny-Karte’ verstanden …“
Tja … wie finde ich da jetzt eine tolle Überleitung von einer Blowjob-Bunny-Karte zu Ankes Session? Ääääääähm … gar nicht.
Um 15:30 Uhr sitzt Anke Gasch mit Hans-Peter Roentgen, Ruprecht Frieling und Patricia Prudenci im Forum autoren@leipzig in Halle 5. Da geht es um Lektorat und Selfpublishing. Ich könnte die Session jetzt lückenhaft zusammenfassen – oder ihr hört sie euch einfach bei Voicerepublic an.
Nach der Session treffen Anke und ich auf Jacky. Wir schnappen unsere Sachen, rufen laut „Tschüss, liebe Buchmesse!“ und machen uns auf den Weg zum Flughafen. Dort essen wir noch etwas. Und dann geht’s ab nach Hause.
Scheiße. So lange habe ich mich auf die Messe gefreut und jetzt ist sie vorbei. Besonders schmerzlich ist immer das Gefühl, dass es ewig dauert, bis ich die ganzen Menschen wiedersehe, die irgendwie alle so ticken wie ich und die ich so in mein Herz geschlossen habe.
Und so geht der letzte Messetag zu Ende. Hoffentlich dauert es nicht so lange bis zur nächsten Veranstaltung.
Liebe Grüße
Zippi
Hab ich wieder sehr gerne gelesen, Deine Berichte über die Messe. So kann ich doch auch ein bisschen dabei gewesen sein.
Herzlichen Dank, Heike
Vielen Dank, liebe Heike! Das freut mich sehr. 🙂
Wie schön, Dein Fazit zu lesen. Mich hat der Messeblues auch erwischt. Aber nur noch 11 Nonate, dann ist es wieder so weit 😉
Liebe Grüße, Andrea
Liebe Andrea,
vielen Dank für deinen Kommentar. Jaaaaa, der Messeblues ist schlimm! Ich freue mich darauf, dass jetzt wieder mehr Veranstaltungen wie zum Beispiel das Litcamp in Heidelberg kommen. Das ist halt echt das Blöde am Winter: Man bekommt die ganzen tolle Leute nicht zu sehen. 🙂
Alles Gute!
Liebe Grüße
Jasmin